heavy is the crown

Ayumi & Magdalene | 04.04.25 | morgens | Café Gloriette

Wann hatte Magdalene das letzte mal mit ihrer jüngeren Schwester gesprochen? Wahrscheinlich so richtig miteinander gesprochen hatten die beiden das letzte Mal an ihrer Hochzeit, was auch schon einige Jahre zurücklag. Noch immer machte sich ein Stich des Neids in Magdas Brust breit wenn sie daran dachte, dass ihre jüngere Schwester den Aufstieg zur Kaiserin geschafft hatte und sie die poplige Voivodina - oder wie man im Westen sagte: Herzogin -war. Wieso genau hatte sie damals mit Brian Schluss gemacht? Der war mittlerweile König von Irland und Magdalene könnte sich so sehr in den Hintern beißen dafür, dass sie nicht mehr mit ihm zusammen war. Und ihm auch, weil er ihr keinen Heiratsantrag mehr machte (okay, zu seiner Verteidigung, er hatte wohl ein gebrochenes Herz und der Dame würde sie auch keinen Antrag mehr machen.) und sie deshalb ins kalte und doofe (sorry Deimos) Polen verheiratet worden. Dort hatte sie jetzt zwar auch einen regierenden Posten aber der war so ein Selbstläufer fast, dass Magdalene sich langweilte und noch immer als diplomatische Geheimrätin arbeitete um irgendwas zu tun zu haben. Heute morgen aber hatte sie keine Lust, ohne ein gescheites Essen auf Diplomatie Kram. Und sie hatte eine Mission. Sie wollte mit Valentina reden. Dafür hatte Magdalene im Café Gloriette reserviert, die dank ihrem Status als Herzogin und Valentinas Status als Kaiserin einen Platz im Séparée organisiert hatten und sie nun erwarteten. Magdalene hatte daraufhin der Kaiserin von Japan einen Brief geschrieben mit der Bitte, dass sie doch zu dem Café kommen möge, denn sie würde gern mit ihr reden wollen. Die beiden hatten ein angespanntes Verhältnis. Ihr Outfit hatte sie heute nicht selber ausgesucht, sie hatte ihre Stylistin ihren Job machen lassen genauso wie bei den Haaren und dem leichten Make-Up. Bevor sie Schloss Weikersdorf verlassen hatte, hatte sie nach Henryk gesehen, der mit seinen Kindermädchen überglücklich spielte. Lächelnd war sie dann gegangen, hatte sich in ihr Privatfahrzeug gesetzt und sich nach Schönbrunn bringen lassen.

Dort angekommen lief sie auf die Rezeptionistin zu, meldete sich an und wurde dann zu ihrem Tisch gebracht. Die bereits frühstückenden Leute staunten nicht schlecht, als die Prinzessin an ihnen vorbeilief und sie grüßte, und in ihrem Séparée. setzte sie sich mit dem Gesicht zur Tür, um Valentina direkt ins Gesicht sehen zu können, wenn sie eintrat. Die Kulisse war wunderschön, sie hatten einen wunderschönen Blick auf das Schloss und den Schlossgarten, das Essen war bereits serviert worden und nun fehlte nur noch die Kaiserin. Magda schluckte ihren Neid herunter, denn sie wollte ihrer Schwester normal gegenüber treten. Sie hatte das doch schon längst überwunden. Dachte sie zumindest. Sie nippte an ihrem Orangensaft und kaute nervös auf ihrer Unterlippe, spielte unentwegt mit ihren Fingern. Normalerweise war sie nicht so nervös oder wenn, dann zeigte sie es nicht. Aber jetzt, im Angesicht ihre Schwester zu treffen, da drehte sie fast durch. Na toll.

Outfit + Blazer

Es war ein befreiendes Gefühl gewesen endlich Shigeyasu zu sagen das sie schwanger war und nun ein weiterer Lebensabschnitt für sie beginnen würde. Das sie eben nicht mehr dieses Geheimnis vor ihm hatte, denn es hatte sich die ganze Zeit falsch angefühlt, auch wenn es nur wenige Tage gewesen war. Aber so sehr sie diesbezüglich nun befreit war, waren da immer noch ein paar Sorgen in ihren Gedanken die nicht einfach so verschwinden würden. Deimos Situation zum Beispiel oder aber auch die Einladung von Magdalene. Es waren gefühlt Jahre her, dass sie beide sich mal freiwillig getroffen hatten. Wo es eben kein öffentliches Ereignis war. War das Verhältnis der beiden Schwestern, seitdem Shigeyasu um ihre Hand angehalten hatte, schwierig geworden. Der wahre Grund hat Ayumi nie erfahren. Aber sie hatte eine Vermutung. War Ayumi der Meinung das es daran lag, welche Position sie einnehmen würde. Oder besser gesagt nun bereits eingenommen hat. Eine Position die sie selbst niemals wollte. Schließlich hatte sie sich selbst nie in eine Herrscherrolle gesehen. Nie diese Ambition gehabt in diese Rolle zu schlüpfen. Wäre sie eben auch genauso damit zufrieden gewesen irgendwo mehr zurückgezogen zu leben. Abseits der Öffentlichkeit. Etwas was sie selbst immer bevorzugt hatte.

Mittlerweile hatte sie aber ihren Platz angenommen und akzeptiert. Hat in ihren Augen einen Weg gefunden auch von dem Land, das nun ihre neue Heimat und die Heimat ihres Kindes werden würde, akzeptiert zu werden. Hatte nun auch einige Pläne.Das ein oder andere was sie auch hier in Wien anstreben wollte. Was sie in die Wege leiten würde. Aber erst einmal ging es die offizielle Eröffnung zu überstehen und die ersten Kontakte zu knüpfen oder eben auch alte Bekannte zu treffen und ins Gespräch zu kommen. Aber jetzt war erst einmal dieses Treffen mit ihrer Schwester im Vordergrund. Natürlich hatte sie zugestimmt und sich bereits auch fertig gemacht.

Aber den ganzen Weg bis zu diesem Café fragte sich Ayumi warum dieses Treffen. Warum außerhalb? Und warum gerade jetzt? Es war alles möglich und sie konnte nicht vorher sagen was dieses Treffen bringen würde. Die ganze Fahrt über blickte sie nach draußen. Sah wie die einzelnen Fassaden der Häuser vorbei zogen und sie dann irgendwann zu stehen kamen. Ihr Personenschutz öffnete die Tür und sie trat hinaus. Blickte sich kurz um, ehe sie dann mit ihrem typischen Lächeln auf den Zügen in das Café eintrat. Ihr Blick huschte über die Menge, bevor sie dann zu ihrer Schwester kam. Auf den ersten Blick wirkte sie doch etwas nervös. “Eure Hoheit, schön euch zu sehen“ Es wirkte vielleicht etwas kalt, aber gerade war es wohl einfach eine reine Gewohnheit ihre Schwester auch so anzusprechen.

Jetzt wo Magdalene ihre jüngere Schwester sah, rutschte ihr das Herz in die Hose - oder eben in den Rock. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht, sie hier her einzuladen? Würde sie das hinbekommen? War sie immer noch von Neid zerfressen und konnte sie überhaupt ein normales Gespräch mit ihrer Schwester führen? Ihre Gedanken rasten, ließen ihr keine Sekunde Zeit um etwas logisches oder eindrucksvolles über die Lippen zu bringen außer ein geflüstertes "Valentina." und das obwohl sie wusste, das ihre kleine Schwester nun einen anderen Namen führte. Aber in dem Moment kam es in Magdalene hoch, sowohl die negativen als auch die positiven Gefühle und sie versuchte diese einzuordnen, so wie sie es gelernt hatte. Valentina konnte nichts für ihre Eifersucht, konnte nichts dafür, dass der Kaiser von Japan sie erwählt hatte, konnte nichts dafür, das sie wochenlang auf Brians Heiratsantrag gewartet hatte. Scheiße, sie konnte nichts für die negativen Gefühle, die Magdalene empfand. Und doch war sie, nachdem etwas abgekühlten Verhältnis - doch ihrer Einladung gefolgt und hatte sich darauf eingelassen, sich hier im Café Gloriette zu treffen, im wunderschönen Garten des Schlosses Schönbrunn. Ihr Herz raste und es setzte einen Schlag aus, als sie mit ihrer höfischen Anrede angesprochen wurde. Sie waren doch Schwestern, das selbe Fleisch und Blut, wieso sprach sie sie so höflich, so distanziert an? Es fühlte sich an wie ein Stoß vor die Brust auch wenn Ayumi das wohl nicht so gemeint hatte sondern es einfach Gewohnheit war, ihre Schwester so anzusprechen, wenn sie in der Öffentlichkeit waren. Der Stich in ihrer Brust wurde zur Seite geschoben während Magda lächelte und aufstand. "Willkommen kaiserliche Majestät. Danke, das Ihr meiner Einladung gefolgt seid. Bitte setzt euch.", sie deutete auf den Platz ihr gegenüber, hatte nun eine kleine Maske vor ihrer Schwester auf. Sie wollte nicht, dass sie sich unwohl fühlte und Magda hatte Angst, das ihre negativen Gefühle überhand nehmen würden weshalb sie die Maske aufsetzte, die sie perfektioniert hatte. Es war das Gesicht der Voivodina das sie jedem zeigte, unabhängig ob aus dem Volk oder aus einem adligen Haus. So stieß sie niemanden vor den Kopf oder beleidigte jemanden. "Wie ergeht es euch? Habt Ihr den Jetlag gut überstanden?", begann sie mit sanfter Tonlage während die lächelte und die Etagere drehte, um sich ein Kaisersemml zu nehmen.

Sie hatten beide viel in den letzten Jahren durchgemacht. Hatten sich entfremdet und jeweils das eigene Leben gelebt. Vielleicht auch das Leben des jeweils anderen. Wusste Ayumi durchaus das ihre Schwester immer Herrscherin werden wollte. Immer ganz vorne stehen wollte, wo sie selbst es nie darauf abgesehen hatte. War sie doch eher jemand die im Hintergrund agieren wollte. Aber mittlerweile hatte Ayumi ihre Position akzeptiert. Akzeptierte es, ganz vorne zu stehen und auch ihre eigenen Ziele durchzusetzen. Ziele, die vielleicht nicht bei allen so gut an kamen. Die eben Veränderung brachten für Japan. Wie sie schon alleine durch die Mode ihre westliche Heimat mit ihrer neuen Heimat Japan vermischte. Etwas was an diesem Abend auf jeden Fall ersichtlich werden würde. Etwas, was sie ausprobieren wollte und gespannt war, wie es ankam. Aber das waren Dinge, die nicht hierher gehörten. Hatte sie eben auch die Worte von Deimos in Erinnerung. Ihr bester Freund der sich nicht sicher war, ob er Magdalene vertrauen konnte. Ob sie nur eine Marionette seines Vaters war. Sie glaubte nicht daran. War Magdalene nie eine Person gewesen, die eine Marionette spielte.


Aber all das wollte gerade einfach beiseite schieben, wollte erst einmal herausfinden warum sie dieses Gespräch wollte. “Vielen Dank für die Einladung“ Sie zog ihren Mantel aus und legte ihn über den anderen Stuhl der frei war. Sie sprach auf japanisch zu einem ihrer Bodyguards, dass sie dafür sorgen sollten, dass sie nicht gestört werden. War es ihr einfach lieber, wenn sie sich privat unterhalten konnten. Ayumi ließ sich noch einen Tee bringen und nahm sich auch eine der Semmel. “Verzeih die höfliche Anrede zu vor. Mir geht’s gut und der Jetlag ist schon weniger geworden die letzten Tage. Wie geht’s dir?“ Ayumi rührte ihren Tee etwas und nahm einen Schluck bevor sie die Tasse wieder hinstellt.“Ich war überrascht über deine Einladung. Wieso treffen wir uns hier?“

Magda wusste, dass sie einiges wieder gut machen musste. Sie hatte ihre jüngere Schwester ungerechtfertigt so schlimm behandelt, sie hatte Valentina ohne Grund behandelt, als wäre sie jemand von niederer Geburt. Und das, obwohl Magdalene ihre Schwestern und Brüder eigentlich so sehr liebte und nur das beste für sie wollte. Sie biss sich also auf die Unterlippe um den Grund nicht sofort auszuspucken - auch wenn das wohl das beste gewesen wäre. Sie setzte sich und nahm einen schluck von ihrem ausgezeichneten Kaffee ehe sie leicht lächelte. "Ich dachte, wenn wir beide schon in der selben Zeitzone und sogar der selben Stadt sind, könnte ein Treffen doch durchaus schön sein.", sagte sie unverfänglich und strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht, damit diese nicht in ihren Kaffee hing. Wie sollte sie das Gespräch am besten anfangen? Sollte sie direkt mit der klassischen Entschuldigung anfangen? Oder sollte sie sich erklären? Magda kaute sanft auf ihrer Wange herum, sah ihre Schwester dabei an. Wie gut sie aussah, wie zufrieden ließ Magda erleichtert sein. Sie hatte Angst gehabt, dass die Japaner ihr das Leben zur Hölle machten. Aber ihr Ehemann, der Kaiser, schien sich sehr gut um sie zu kümmern. Sie hatte einige ihrer Auftritte neugierig und stolz verfolgt. Mittlerweile konnte Magda ihren Neid zurückschieben und den Stolz in ihrer Brust schwellen lassen. Ihre kleine Schwester war die Kaiserin von Japan! Damit konnte nicht jeder trumpfen. Vor allem konnte ihr Sohn sagen, dass seine Tante die Kaiserin war. Sie atmete also geräuschvoll aus und faltete die Hände, so wie sie es immer tat, wenn sie etwas sagen musste, was ihr wichtig war. "Valentina, nein, Ayumi, ich habe dich heute hier her gebeten, weil ich mich bei dir entschuldigen möchte.", begann sie und setzte sich aufrecht hin. "Ich habe mich die letzten Monate und Jahre dir gegenüber nicht fair verhalten, habe dich für etwas verantwortlich gemacht, wofür du nichts kannst. Deshalb möchte ich mich in aller Art und Weise bei dir entschuldigen. Ich bin eigentlich so stolz auf dich und deine Arbeit. Ich weiß nicht, was mich ritt, so gemein dir gegenüber zu sein.", sie hatte die Hände nun gefallen und sah ihrer Schwester in die Augen. "Du bist doch meine geliebte kleine Schwester, die jetzt gar nicht mehr so klein ist.", sie lächelte etwas und eine Träne rann ihr über die Wange. Sie würde jeden Moment losheulen wie ein Schlosshund - und war froh, dass Deimos sie nie so zu Gesicht kriegen würde. Das wäre ja die Höhe, pah!

Es war schon so, dass Ayumi skeptisch war. Skeptisch bzgl. diesem Treffen. Zum einen, weil sie ja auch die Worte von Deimos im Hinterkopf hatte. Aber auch, weil sie seit Jahren eigentlich so gut wie gar keinen Kontakt hatten. Nur sporadisch, wenn man sich mal auf einem Familienfest oder besondere Ereignisse getroffen hat. “Verstehe.“ Was sollte sie sonst sagen? Das es trotzdem seltsam für sie war? Ja, das war es nämlich. Aber Ayumi wollte nicht direkt ablehnend wirken. Wollte ihr zumindest eine Chance geben. Ayumi rührte ihren Tee etwas Zucker unter. Strahlte die Ruhe aus, die sie durch ihre Zeit in Japan kennengelernt und verinnerlicht hatte. Manchmal war es besser, zu schweigen und nur zu lauschen. Nur dann was zu sagen, wenn es unbedingt notwendig war. Etwas, was sie eben auch von ihrem Mann kannte und durchaus bewusst war, welche Wirkung das nach außen hin hatte.


Ihr Blick ruhte auf Magdalene. Hob eine Augenbraue, als sie das Wort Entschuldigung hörte. Das war neu. Schwieg weiter. Wollte hören was ihr weiter auf dem Herzen lag. “Warum kommt die Entschuldigung jetzt Magda? Nach so vielen Jahren?“ Auch wenn Ayumi ihrer Schwester glauben wollte, war da einfach etwas was sie störte. So wie Magda sich hier gab. So war sie nie gewesen. Nicht zu ihr und sie wusste ja auch, das sie immer mehr wollte, als das was sie hatte. “Was möchtest du? Schließlich wissen wir beide, warum du immer so zu mir warst. Ich habe das bekommen was du wolltest, ohne es zu wollen oder auch nur die Absicht zu haben. Da war es dir stets egal gewesen, dass ich deine Schwester bin. Daher stellt sich mir die Frage, wieso jetzt und wieso hier? Du entschuldigst dich nicht einfach so. Da steckt mehr dahinter. Was ist es?“ Nein Ayumi war nicht mehr die Valentina von früher. Nicht mehr die, die stets glaubten, dass das Gesagte die Wahrheit entsprach. Das man auch so etwas wie das hier vorspielen konnte. “Außerdem was weißt du schon über meine Arbeit als Kaiserin? Oder was ich sonst mache?“